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Update für die direkte Demokratie: E-Collecting mit staatlicher E-ID im Kanton Schaffhausen

Mein Redebeitrag für die Medienkonferenz vom Dienstag, 3. März 2020, zur kantonalen Volksmotion: «Mehr Demokratie für Schaffhausen – einfach & sicher».

Vor 19 Jahren hat der Bundesrat einen historischen Fehlentscheid getroffen. Er hat 2002 im Rahmen der Strategie «Vote électronique» entschieden, E-Voting gegenüber E-Collecting zu priorisieren, woran er bis heute tapfer festgehalten hat.

Seit 19 Jahre also liegt die Digitalisierung der elektronischen Unterschriftensammlung auf Eis. Die Schweiz ist eine Briefkasten-Demokratie geblieben, die noch immer auf Papier und Bleistift setzt. Doch jetzt, wo E-Voting mehr und mehr unter Druck steht, kommt ein lang ersehnter Demokratie-Frühling und zwar durch Kantone wie Schaffhausen, die E-Collecting auf die politische Agenda setzen. Und dies, nur wenige Monate bevor wir darüber abstimmen, ob die nationale E-ID von privaten Unternehmen herausgeben wird. Auch für E-Collecting wäre dies ein Richtungsentscheid.

Aus dieser Aktualität heraus ist die heute vorgestellte, kantonale Volksmotion für die Weiterentwicklung der direkten Demokratie umso wichtiger. Denn das elektronische Sammeln von Unterschriften senkt erstens bestehende Alltagshürden, Initiativen und Referenden zu unterzeichnen und erweitert zweitens den Kreis der Bürgerinnen und Bürger, die sich daran beteiligen.

Diese zwei genannten Effekte zeigen sich auch in unseren Erfahrungen mit der Online-Plattform WeCollect, mit der wir seit 2015 über 380’000 Unterschriften via Internet gesammelt haben. Die Altersgruppe, die am meisten online Initiativen und Referenden unterstützt, sind die 18 bis 30 Jährigen. Daher ist zu erwarten, dass E-Collecting einen wichtigen Beitrag leisten wird, jüngere Menschen zu erreichen und sie für eine aktive Beteiligung an der direkten Demokratie zu gewinnen. Gleichzeitig ist anzumerken, dass auch ältere Personen die Plattform WeCollect nutzen. Der Partizipationseffekt geht weit über die jüngeren Bürgerinnen und Bürger hinaus.

Für die direkte Demokratie noch wichtiger, ist ein der sogenannte Schwarm-Effekt. E-Collecting wird Menschen erreichen, die noch nie in ihrem Leben eine Initiative oder ein Referendum unterzeichnet haben. Aus dem einfachen Grund: Sie wurden nie gefragt – weil sie kein Mitglied einer politischen Organisation sind; weil sie nicht in einem Stadtteil wohnen, wo vor dem Bahnhof oder der Migros regelmässig Unterschriften gesammelt werden. Aus Rückmeldungen von WeCollect wissen wir, dass es über Soziale Medien gelingt, Menschen anzusprechen, die das erste Mal Initiative oder ein Referendum unterstützen. Daher bin ich überzeugt, dass auch E-Collecting über digitale Kanäle mehr Bürgerinnen und Bürger erreicht und so das kollektive politische Agenda-Setting, ein Pfeiler der direkten Demokratie, breiter abstützt.

E-Collecting senkt also die Hürden und erweitert den Kreis von Bürgerinnen und Bürgern, die sich an Initiativen und Referenden beteiligen. Darum ist die kantonalen Volksmotion: «Mehr Demokratie für Schaffhausen» ein dringend benötigtes Update für die direkte Demokratie. Mehr noch: eine wichtige Investition in eine lebendige Demokratie, die von möglichst vielen Menschen getragen wird.

Daniel Graf ist ein Pionier der digitalen Demokratie, Mitgründer der Plattform Wecollect und des Vereins Public Beta. Mit dem E-ID Referendum kämpft er für einen digitalen Pass vom Staat statt von privaten Unternehmen.

 

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Campaigning, Digitale Demokratie, Social Media

Wie Crowd-Kampagnen die Spielregeln verändern

Schlafende Riesen zu wecken, ist heute das Ziel jeder erfolgreichen Kampagne. Mit dem Siegeszug der Sozialen Medien treten an die Stelle von hierarchischen Kampagnenorganisationen vermehrt dezentrale Netzwerke, die weitgehend autonom und selbstorganisiert agieren. In Anlehnung an das bekannte Finanzierungsmodell «Crowdfunding», bei dem zahlreiche Personen mit kleinen Beiträgen ein Projekt ermöglichen, sprechen wir deshalb von «Crowd-Kampagnen».

Wie solche Kampagnen funktionieren, zeigt das Beispiel der «Sleeping Giants», einem weltweit agierenden, anonymen Netzwerk, die Anfang 2017 das rechtspopulistische Online-Magazin Breitbart ins Fadenkreuz nahmen. Ziel war die Online-Werbung von Breitbart, eine wichtige Einnahmequelle des Mediums. Breitbart-Mitbegründer Steve Bannon war im Wahlkampf ein wichtiger Unterstützer von US-Präsident Donald Trump und nach dessen Einzug ins Weisse Haus für einige Monate sein Chefstratege.

Die Strategie der «Sleeping Giants» war simpel: Firmen, die auf «Breitbart» inserierten, wurden mit einem Screenshot auf Twitter öffentlich aufgefordert, die Website auf eine Blacklist zu setzen und weitere Werbung zu blockieren. Die meisten Firmen reagierten postwendend, da ihnen nicht bewusst war, dass ihre Werbung auf Breitbart geschaltet wurde, was am Werbesystem «Programmatic Advertising» liegt, bei dem Kunden nur die Zielgruppe festlegen und die Anzeigen anschliessend automatisch auf diversen Webseiten platziert werden.

Auch in der Schweiz waren zahlreiche Firmen betroffen, darunter Salt, Swisscom und die SBB, die auf diese Weise öffentlich aufgefordert wurden, ihre Werbeaktivitäten zu hinterfragen. Dem Netzwerk, das auf Twitter mittlerweile über 100’000 Follower hat, gelang es in den letzten Monaten, mehr als 3’800 Firmen und Organisationen zu überzeugen, nicht mehr auf Breitbart zu inserieren.«Sleeping Giants» zeigt die drei Grundprinzipien von Crowd-Kampagnen auf: Über Empörung eine soziale Situation schaffen, die Aufmerksamkeit in einem klaren Ziel verknüpfen und das Engagement mit Handlungsanleitungen multiplizieren. Mit dieser Strategie kann es gelingen, die Kampagne an einen «Tipping Point» zu führen, an einen qualitativen Umschlagspunkt, und sich auf die Schultern der erwachenden Riesen zu stellen.

Der Blog-Beitrag wurde auf Kampagnenforum.ch veröffentlicht und ist eine Vorschau auf das Buch «Agenda für eine digitale Demokratie» von Daniel Graf und Maximilian Stern, das im Mai 2018 im NZZ Libro Verlag erscheinen wird. Als Beobachter, Strategen und Start-up-Gründer im Bereich Politik und Demokratie beschreiben die Autoren Trends und entwerfen Szenarien für eine Schweiz in der digitalen Zukunft. Mehr Informationen und Vorbestellungen auf www.digitale-demokratie.ch.

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Digitale Demokratie

Initiativen online unterschreiben? Mit Smallpdf geht’s in 2 Minuten.

Gerade habe ich das erste Mal eine Initiative online unterschrieben. Dafür benötigte ich einen PDF-Unterschriftenbogen, den ich zuvor über die Plattform Wecollect ausgefüllt habe, und den Service von Smallpdf

Das Zürcher Startup macht es möglich, einfach, schnell und kostenlos ein PDF elektronisch zu signieren. Das Ausfüllen funktioniert mit einem Touchscreen auf Smartphones und Tablets oder – wie ich es ausprobiert habe – mit einem Trackpad.

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Nachdem ich den Unterschriftenbogen als PDF auf die Plattform geladen habe, kann ich mit dem Trackpad verschiedene Textelemente kreieren und diese punktgenau ins Dokument einpassen. Das alles braucht etwas Übung – wie die elektronische Signatur beim Pöstler. Nach zwei Minuten ist die Initiative ausgefüllt und könnte per Email dem Komitee gesendet werden. 

Bundesrat legt E-Collecting auf Eis

Leider ist das alles Zukunftsmusik: Im April 2017 hat der Bundesrat erklärt, dass die Schweiz auf «E-Collecting» bis auf weiteres verzichten will. Das elektronische Sammeln von Unterschriften für Initiativen und Referenden war vom Tisch. Als Grund nannte der Bundesrat in der Medienmitteilung «knappe Ressourcen». Die E-Government-Strategie des Bundes sieht vor, dass bis zu den eidgenössischen Wahlen 2019 zwei Drittel der Kantone E-Voting-Systeme einsetzen.

Knappe Ressourcen wegen E-Voting? Der Testlauf mit Smallpdf zeigt: Der Abschied von der Briefkasten-Demokratie wäre keine grosse Sache. Der bestehende Prozess, darunter die Beglaubigung der Unterschriften auf den Gemeinden, würde nicht tangiert. Statt zusätzlichen Ressourcen wäre nur ein kleines Update im Bundesgesetz über politische Rechte notwendig.

Wie die Bundeskanzlei auf Aufrage erklärt, sei es heute nicht zulässig, Initiativen und Referenden auf einem Touchscreen oder Trackpad zu unterschreiben und diese Unterschrift online zu übermitteln. «Eine Unterschrift, die mittels eines Touchscreens erfasst und danach ausgedruckt wurde, wäre unter dem geltenden Recht ungültig. Entsprechend könnten die Gemeinden solche Unterschriften nicht als gültig bescheinigen», machte eine Juristin der Sektion Politische Rechte deutlich. Und ergänzte: «Die über einen Touch-Screen erfolgte Erfassung von Unterschriften lässt sich mit dem Willen des Gesetzgebers, Fälschungen entgegenzuwirken, nicht vereinbaren.»

Nur kleines Update für Bundesgesetz nötig

Führt also kein Weg an einer digitalen Identität (eID) vorbei, wenn E-Collecting eingeführt werden soll? Der Bundesrat hätte zweifellos einen Gestaltungsspielraum. Gemäss einem Gutachten des Zentrums für Demokratie Aarau  bräuchte es für eine «eigenhändige Unterschrift» gemäss Art. 61 des Bundesgesetzes nicht zwingend eine digitale Signatur. Die Einblendung eines Warnhinweises, dass sich strafbar macht, wer auf einem Touchscreen unbefugt oder für jemand anders unterzeichnet, dürfte genügen. 

Eine kleine Ergänzung des Bundesgesetzes, welche die digitalen Signaturen zulassen würde, hätte für die Unterschriftensammlung positive Folgen. So würde ein grosser Teil der Portokosten wegfallen, die immer noch einen Löwenanteil der Sammelkosten ausmachen und eine Hürde für finanzschwache Komitees darstellen. Darüber hinaus  liesse sich der kleine Kreis der Stimmberechtigten, die bisher Gebrauch von den direkten Volksrechten machen, im Internet vergrössern wie die Erfahrungen beispielsweise mit Vaterschaftsurlaubs-Initiative gezeigt haben. Gerade bei Referenden, bei denen der Zeitraum für die Unterschriftensammlung knapp ist, würde die digitale Signatur zudem erlauben, die gesammelten Unterschriften den Gemeinden rascher für die Beglaubigung zu übermitteln.

Kantonaler Testlauf mit E-Collecting 

Ein interessantes Szenario könnte es sein, E-Collecting auf kantonaler Ebene schrittweise einzuführen, um die Auswirkungen auf das politische System zu beobachten. Der Anteil digital gesammelter Unterschriften liesse sich vorerst limitieren, wie der NZZ-Journalist Simon Hehli vorgeschlagen hat. «Sollte sich eine massive Zunahme von Initiativen und Referenden abzeichnen, könnte man mit einer Erhöhung der seit 1977 geltenden Unterschriftenzahl Gegensteuer geben«, schreibt Hehli.

Mit Smallpdf und anderen Online-Werkzeugen ist die Zeit reif, auf den Briefkasten zu als Gatekeeper zu verzichten. Im Smartphone-Zeitalter ist es eine unnötige wie kostspielige Hürde, für die Ausübung von Volksrechte weiterhin Stift, Papier und Briefmarke zu verlangen. Mit dem bisherigen Tempo des Bundesrates bleibt zu befürchten, dass die Schweiz weitere fünf bis zehn Jahre verstreichen lässt, bis E-Collecting zum Thema wird. 

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Campaigning, Netzpolitik, Social Media

Nationale Konferenz «Digitale Schweiz»: Kickoff für Social Media-Politik?

Anti-Facebook ist im Trend. Die Demokratie sei bedroht, warnt jetzt selbst der Economist. Die laufende Debatte ist ein guter Zeitpunkt für eine Standortbestimmung. Im November 2017 organisiert das Bundesamt für Kommunikation die erste Konferenz «Digitale Schweiz». Nutzt der Bundesrat die Chance, neue Spielregeln für Social Media zu fordern und eine «digitale Tradition» der Schweiz zu begründen?

Die US-Wahlen haben die dunklen Seiten von Facebook & Co schonungslos aufgedeckt. Vor dem Coup von Trump war Social Media eine Chiffre für mehr gesellschaftliche Freiheit. Jetzt  hat der Wind gedreht: Facebook und Twitter sind eine Bedrohung für die Demokratie geworden, wie der Economist titelte. In ihrer Schlagkraft werden sie als eine Art Masseninformationswaffen behandelt, die es zu bändigen gilt.

Ist Social Media ein Angriff auf die Demokratie? Nein. Die Plattformen sind lediglich ein strategisch wichtiger Kampfplatz von politischen Kampagnen geworden. Die Debatte über Chancen und Risiken von Facebook und Twitter lässt sich gut mit dem «Hype Cycle» beschreiben. Die Kurve wurde 1995 von der Analystin Jackie Fenn entwickelt, um die wechselnde Wahrnehmung von Informationstechnologien zu beschreiben. Neue Themen wie VR-Brillen, das Internet der Dinge oder Plattformen wie Snapchat werden zunächst als Durchbruch gefeiert. Auf den Hype folgt die Ernüchterung, weil die Lösung die grossen Versprechen nicht erfüllen kann.

Im Silicon Valley herrscht Katerstimmung. Die Nachwirkungen der US-Wahlen haben Social Media ins «Tal der Enttäuschung» zurückgeworfen. Facebook und Twitter waren auf dem aufsteigenden Ast und in der politischen Mechanik nicht mehr wegzudenken. Schlagworte wie Fake News und Filterblasen haben jedoch vielen Fragen, die schon länger diskutiert wurden, eine neue Brisanz gegeben. Im Kern geht es um das höchste Gut für politische Aushandlungsprozesse: Vertrauen.

Konferenz «Digitale Schweiz»

Die Zeit ist reif, Social Media in die Politik einzubetten und die Spielregeln zu ändern. Gerade die Schweiz hat das höchste Interessen, in Sachen Facebook & Co. die Zuschauerbank zu verlassen und das Spielfeld zu betreten. Am 20. November 2017 wird in Biel die erste nationale Konferenz «Digitale Schweiz» des Bundes stattfinden. Die Konferenz, die seit Monaten ausgebucht ist, will über die Informationsgesellschaft reflektieren und Handlungsoptionen diskutieren.

Ich freue mich, dass ich beim Diskussionspanel mit dem etwas kryptischen Titel «Digitale politische Gouvernanz» dabei sein darf. Als ein Vertreter der Zivilgesellschaft möchte ich gerne darüber diskutieren, welche Rahmenbedingungen für Social Media nötig wären. Klar ist: Wir stehen erst ganz am Anfang der digitalen Demokratie, in der Plattformen eine grosse Rolle für den Meinungsbildungsprozess spielen werden.

Öffentliche Schnittstelle für Social Media

Twitter und Facebook haben auf den öffentlichen Druck reagiert und Massnahmen vorgestellt, um die Transparenz bei politischen Kampagnen zu erhöhen. Doch diese Schritte gehen nicht weit genug. Um den blinden Flecken auszuleuchten, fordern der Internetaktivist Wael Ghonim und der Wissenschaftler Jake Rashbass einen öffentlichen Zugriff auf die Daten vom Plattformen. Sie sprechen von einer Schnittstelle, die in Echtzeit einen Einblick liefert über die Informationen, die in einem Netzwerk geteilt werden.

Solche Schnittstellen sind gängige Software-Praxis, um den Zugriff Dritter auf Informationen zu erlauben. Ein Beispiel dafür ist Google Maps. Das Kartenwerkzeug liefert über eine Schnittstelle beispielsweise Wegbeschreibungen. Der Vorteil ist, dass der Algorithmus selbst, der oft als Geschäftsgeheimnis gilt, nicht aufgedeckt wird, sondern nur bestimmte Informationen.

Die «Public Interest API» hat die Aufgabe drei Datenkategorien offen zu legen, um eine Art Rechenschaftsmechanismus in die Social Media-Plattformen einzubauen:

Erstens sollte die Schnittstelle alle öffentlichen Beiträge dokumentieren. Diese Daten müssten Angaben über Reichweite und Interaktionen sowie eine demographische Aufschlüsselungen enthalten. Auf diese Weise liesse sich verhindern, dass Parteien verdeckte Kampagnen fahren oder Netzwerke enttarnen, welche mit Bots automatisch Nachrichten verbreiten.

Eine «Public Interest API» sollte zweitens transparent machen, wer Werbung schaltet, welche Zielgruppen angesprochen werden und welche Inhalte angezeigt werden. Diese Massnahme würde verhindern, dass «Micro-Targeting» und «Dark Ads» für politische Schmierkampagnen eingesetzt werden.

Die dritte Gruppe von Daten wären zensierte Inhalte. Alle Social Media-Plattformen haben Nutzungsbestimmungen, die festhalten, welche Inhalte zensiert werden. In der Praxis verteilen Algorithmen «verbotene» Beiträge, bevor sie entdeckt und entfernt werden. Umgekehrt werden Inhalte auch automatisch gelöscht, weil sie potentiell die Nutzungsregeln tangieren. Für Kritik gesorgt hat die Sperrung eines berühmten Fotos aus dem Vietnam-Krieg, das Facebook als Kinderpornografie eingestuft hat.

Daten als Treibstoff für Plattformen

Eine «Public Interest API» ist für mich der bisher beste Vorschlag, die Dynamik von Social Media für die Demokratie zu nutzen, ohne die Problemzonen ausblenden. Die Transparenz ist der erste Schritt, um auch eine öffentliche Debatte über die Daten zu führen, die letztlich der Treibstoff für das Plattformgeschäft sind.

Bei den Daten stehen wir ganz am Anfang. Dies zeigt auch das Merkblatt für digitale Kampagnentools, das der Schweizerische Datenschützer im Oktober 2017 veröffentlicht hat. Immerhin hält Adrian Lobsiger fest, dass die Informationen aus Social Media-Plattformen in die Kategorie der besonders schützenswerten Personendaten fallen. Interessant dabei: Das umstrittene «Social Matching» bleibt in der Schweiz, anders als etwa in Frankreich, zulässig.

Digitale Tradition der Schweiz

Das Timing für die Digitale Konferenz könnte für den Bundesrat nicht besser gewählt sein, um neue Spielregeln für Social Media zu fordern. Noch im Mai 2017 hat die Regierung festgehalten, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein Bedarf für neue Regulierungsmassnahmen bestehen würde. Gleichzeitig hat sich der Bundesrat alle Optionen offen gelassen: «Die nationalen und internationalen Entwicklungen sind jedoch zu beobachten und es ist zu analysieren, ob der bestehende Rechtsrahmen zusammen mit den Instrumenten der Selbstregulierung genügt oder ob darüber hinaus weitere staatliche Regulierung notwendig sein wird.»

Ich hoffe, dass Doris Leuthard als Bundespräsidentin und Vorsteherin des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), die Chance nutzt, um die politische Initiative zu ergreifen. Als gelebte Demokratie könnte die Schweiz eine neue, digitale Tradition begründen, die sogar internationale Ausstrahlung hat.

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Buch, Digitale Demokratie

Warum ein Buch über die digitale Demokratie schreiben?

Wie funktioniert die Schweizer Demokratie 2025? Diese Frage beschäftigte mich in den letzten Monaten. Auslöser waren die Erfahrungen mit der Polit-Plattform wecollect.ch, mit der wir mehr als 145’000 Online-Unterschriften für Volksinitiativen und Referenden gesammelt haben.

Mir ist klar geworden, wie wenig über die Zukunft der direkten Demokratie nachgedacht und diskutiert wird. Im Zeitalter des Smartphones ist die Schweiz eine Briefkasten-Demokratie geblieben: Ohne Papier und Briefmarken steht unser politisches System still.

Gleichzeitig hat die Digitalisierung unser Leben total verändert. Und dies mit einer Geschwindigkeit und Radikalität, die niemand voraussehen konnte. Höchste Zeit also, über Chancen und Risiken der digitalen Demokratie zu diskutieren.

Darum wage ich mich an mein erstes Buch: «Digitale Landsgemeinde. Die Zukunft der direkten Demokratie» heisst der Arbeitstitel. Es wird im Frühling 2018 im NZZ Libro Verlag erscheinen. Das Projekt stemme ich nicht alleine, sondern mit einem engagierten Co-Autor: Maximilian Stern, Mitgründer der Think-Tanks foraus und staatslabor.

Wir sind beide überzeugt: Bald wird unser politische System ins Wanken geraten, weil sich die Demokratie in der digitalen Transformation neu erfinden und gleichzeitig die Balance halten muss.

Die Aufrechterhaltung des Status-Quo im Zeitalter der Digitalisierung widerspricht zudem dem Grundsatz der direkten Demokratie: Die politische Partizipation für alle Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, was zwingend heisst, das Mitbestimmen möglichst einfach zu gestalten und der technologischen Entwicklung anzupassen.

Darum möchten wir einen Impuls liefern um eine breite Debatte über die Digitalisierung der direkten Demokratie anzustossen und das Thema auf die politische Agenda zu setzen.

News zum Buchprojekt und rund um das Thema «Digitale Demokratie» gibt es auf https://digitale-demokratie.ch. Wer dran bleiben möchte, abonniert den Newsletter oder folgt uns auf Facebook und auf Twitter.

 

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